Lars Koch spricht im Rahmen der Tagung „ Politische Tiere. Zoologische Imaginationen des Kollektiven“, die vom Zentrum für historische Geisteswissenschaften und dem „Attract“-Forschungsprojekt „Ästhetische Figurationen des Politischen“ veranstaltet wird, über „Einsamer Souverän und Hetzmasse – Der Wolf als Figuration sozialer und politischer Asymmetrie in Kino“
Der vorgeschlagene Vortrag möchte populärkulturelle Figurationen des Wöflfischen in Kino auf ihre implizierten gesellschaftlichen Selbstbeschreibungen befragen. Einerseits ist das Wolfsrudel als Bedrohungsformation ein Medium der Verhandlung des Verhältnisses von Natur und Kultur: Im Kollektivkörper des Wolfsrudels wird eine „natürliche“ Ordnung der desintegrativen Anomie moderner menschlicher Gesellschaften gegenüber gestellt. Andererseits fungiert der Wolf als politisches Tier als eine Projektionsfläche spezifischer sozialer In- und Exklusionsprozesse, als Chiffre von Non-Konformität und Gegenbild kollaborativer Vergesellschaftung.
Solchen Problematisierungen der Kultur und des Sozialen möchte der Vortrag im Rekurs auf klassische literarische Narrativierungen des Wölfischen (etwa bei La Fontaine, Kippling London, Defonseca) kulturtheoretische Referenzen (Hobbes, Canetti, Deleuze und Guattari, Derrida) im Hinblick auf populärkulturelle Wolfs-Figuren im Genre des Survival-Thrillers im Kino der 1970er Jahre und im Gegenwartskino nachgehen. Dabei steht zum einen ein zeithistorisches zivilisationskritisches und politisch ökologisches Deutungsmodell zur Debatte („Nature Revenge“), das die menschliche Existenzweise als Schwundstufe „natürlicher“ Kollektivität markiert. Zum anderen soll zugleich beobachtet werden, welche anthropologischen Bilder und Überblendungen des „Raubtiers“ Menschen als einem sozialen Gegenstück zum „Raubtier“ Wolf konstruiert werden. Im Einzelnen bilden die folgenden Spielfilme den thematischen Korpus:
Ziel des Vortrags ist es somit, den Wolf als zwischen Kollektiv und Vereinzelung changierende, tierisch-menschliche Doppelfigur zu lesen, mit Hilfe derer bestimmte Politiken des Sozialen und der Natur verhandelt werden.