Trump und der Verlust der Referenzen: Zu Populismus, Hyperrealität und post-faktischer Politik
Paula Diehl
Donald Trump hat seit dem Beginn seiner Präsidentschaft viele Grenzen des Machbaren und Sagbaren in der Politik überschritten. Seine ständigen Attacken auf die Medien, seine Lügen und hyperbolischen Aussagen und vor allem seine demonstrativen Auftritte als jemand, der sich nicht um die Politik schert, sind bekannt. Sie sind antipolitisch und unterhaltsam. Doch eine seiner Inszenierungen ist bisher die überraschendste: Im Juni 2017 twitterte Trump zuerst von seinem persönlichen Account, dann vom POTUS-Account, dem offiziellen Twitter-Account des US-Präsidenten, ein Video. Es handelte sich um ein Wrestling-Video, in dem Trump selbst gewalttätig wird. Er prügelt auf einen Mann ein, der in Anzug und Krawatte neben einem Box-Ring steht und nach Trumps Angriff zu Boden fällt. Wer dieser Mann ist, weiß man im Tweet nicht, sein Gesicht wurde vom CNN-Logo überdeckt. Dazu schrieb Trump: »#FraudNewsCNN#.« Drei Punkte fallen hier auf. Erstens: das Video ist vor allem wegen seiner physischen Gewalt für eine Botschaft eines Präsidenten außergewöhnlich. Zweitens: Trumps Tweet kanalisiert die Gewalt in einem antipolitischen und populistischen Narrativ, in dem die Medien und das Establishment Betrüger sind. Drittens, es gibt eine weitere Dimension dieses sekundenlangen Videos. Es inszeniert eine hyperreale Welt, bei der man sich nicht richtig entscheiden kann, ob sie Realität, Parodie oder Fiktion ist. In einer solchen Kombination wirkt die kurze Szene von einem Mann, der auf einen anderen einprügelt, antipolitisch und steht zugleich als politisches Statement gegen die Medien. Inzwischen ist der Tweet sowohl aus dem Präsidenten-Account als auch aus dem persönlichen Account von Donald Trump gelöscht worden. Die Zäsur mit der herkömmlichen Politik aber bleibt: sie ist nicht nur populistisch, sondern auch anti-politisch und verschiebt die Grenzen zwischen Politik und Unterhaltung, Realität und Fiktion, Privatem und Öffentlichem. Was verrät ein solches Phänomen über die politische Kultur und was bedeutet es für die Demokratie?